Hate hat ja in
ihrem Gast-Post einen Einblick in die Persönlichkeit realer Psychopathen
gegeben. In diesem Post geht es dieses Mal um den Serienmörder als literarische
Figur. Was fasziniert uns so stark an Figuren, die schreckliche Verbrechen
begehen und das nicht nur ein einziges Mal, sondern wieder und wieder? Ist es
die 'Bestie in Menschengestalt'? Oder das unheimliche Gefühl, dass es Jeden Treffen
kann? Im Folgenden möchte ich zeigen, dass die 'Brüder' des Serienmörders an
Orten zu finden sind, an denen man sie nicht ohne Weiteres erwarten würde.
Künstler
Betrachtet man die Serienmörderfiguren in zeitgenössischen Psychothrillern genauer, so fällt zunächst auf, dass diese Figuren einiges mit Künstlern gemein haben. Fangen wir bei den offensichtlichsten Gemeinsamkeiten an: Sowohl dem Klischee des Künstlers wie auch des Serienmörders ist gemein, dass sie Grenzen überschreiten, bzw. die Grenzen des üblichen Verhaltens ignorieren. Natürlich sprengt auch ein gewöhnlicher Mörder die Grenzen normalen Verhaltens, aber er tut dies nicht ohne Überwindung, während die Grenzüberschreitung zum Bild sowohl des Serienmörders als auch des Künstlers gehört.
Betrachtet man die Serienmörderfiguren in zeitgenössischen Psychothrillern genauer, so fällt zunächst auf, dass diese Figuren einiges mit Künstlern gemein haben. Fangen wir bei den offensichtlichsten Gemeinsamkeiten an: Sowohl dem Klischee des Künstlers wie auch des Serienmörders ist gemein, dass sie Grenzen überschreiten, bzw. die Grenzen des üblichen Verhaltens ignorieren. Natürlich sprengt auch ein gewöhnlicher Mörder die Grenzen normalen Verhaltens, aber er tut dies nicht ohne Überwindung, während die Grenzüberschreitung zum Bild sowohl des Serienmörders als auch des Künstlers gehört.
Das ist aber
nicht der einzige Punkt, an denen sich die Darstellung des Serienmörders und
des Künstlers berühren. Beide sind narzistisch veranlagt, daher extrem
Ich-bezogen sowie kompromisslos bei der Verfolgung ihrer Ziele (Klaus Kinski
ist auf der Künstlerseite ein Beispiel dafür, obwohl ich mir inzwischen nicht
mehr sicher bin, dass er nicht doch auf die andere Seite gehört). Sowohl der
eine wie auch der andere werden von einer Vision angetrieben, das sie in ihren
"Werken" zu verwirklichen suchen. Manchmal kann sich das Verfolgen
dieser Vision regelrecht zu einer Art Besessenheit steigern, die so weit geht,
dass der Künstler/Killer alle anderen Aspekte seines Lebens vernachlässigt und
nur noch für die Verwirklichung seiner Vorstellungen lebt. Das ist zum Beispiel
in 'Sieben' der Fall, wo John Doe nur noch für seine Taten lebt, aber auch in
so unterschiedlichen Erzählungen wie 'Das Parfüm', Simon Becketts
'Leichenblässe' oder auch Ecos 'Der Name der Rose'
Zudem hat das
Handeln des Künstlers/Serienmörders einen metaphysischen, über das Körperliche
hinausgehende Komponente. Beide wollen mit ihren 'Werken' etwas erschaffen, das
über den rohen Akt hinausweist. Beide verknüpfen mit ihren Taten eine Aussage.
Sowohl der Künstler als auch der Serienmörder planen minutiös auf den Effekt
hin, den das 'Werk' auf den Betrachter haben soll und beide verlangen nach
Anerkennung. Sowohl das Kunstwerk als auch der Tatort wird der Aussageabsicht
seines Schöpfers entsprechend arrangiert, indem das 'Material' vor dem
Hintergrund zueinander in Beziehung gesetzt wird. Der makabre Unterschied
zwischen der Künstlerfigur und dem Serienmörder liegt nun darin, dass er
Menschen als sein Material benutzt. Damit erklärt sich auch eine der
Grundlagen, auf der der Grusel bzw. das Unheimliche des
Psychothrillers/Serienmörderromans basiert. Ein bekanntes (und gesellschaftlich
anerkanntes) Verhalten wird auf ein nicht anerkanntes und gefährliches
Verhalten umgelenkt. Daraus ergibt sich eine kognitive Dissonanz zwischen dem
Bekannten und der verbotenen und mit einem Tabu belegten Tat.
Doch welchen
Zweck erfüllt die Serienmörder-Künstler-Analogie? Ich denke, der Zweck dieser
Gleichsetzung liegt in einer Ästhetisierung des Schrecklichen. Erst diese macht
die Anfolge schrecklicher Ereignisse für den Leser ertragbar, weil durch die
Verknüpfung des Unfassbaren mit bekannten Mustern das Böse in diesem Bekannten
aufgehoben wird. Indem dem Mörder ein 'künstlerischer' Impetus unterstellt
wird, wird der Leser vor dem wahren Schrecken der sinnlosen Tat bewahrt. Die
Ästhetisierung des Bösen in der Literatur rettet ihn vor der Banalität des
Bösen, die mit dem realen Verbrechen einhergeht – Sie gibt dem Bösen einen Sinn
und macht es so weniger schrecklich.
Tatsächlich sind
die Charaktere und Lebensläufe echter Psychopathen in der Regel weniger dazu
geeignet, als Stoff für Kriminalromane herzuhalten. Auch wenn diese Personen
oft charmant und manipulativ sind und nach ihrer Tat einen gewissen 'Starkult'
um sich erleben, so ist ihr Leben vor ihrer Serienmörderkarriere meist nicht
dazu geeignet, Spannung zu verbreiten. Was den echten Soziopathen aus der Masse
heraushebt, ist nicht seine Persönlichkeit, sondern seine Tat.
Georg Sandhoff
http://fragmentata.blogspot.de/
Ich bin schon soooo gespannt! :D
AntwortenLöschenLiebste Grüße
Frau Huegel