Ich lag auf dem Sofa und sah mir, mit halb geschlossenen
Augen, die Spätnachtrichten an. Die bunten Bilder prasselten auf mich ein, ohne
dass ich sie ernsthaft wahrnahm. Mike lag neben mir, den Kopf an meiner Brust
und schlief. Ich wollte nicht aufstehen. Er hatte den ganzen Tag gearbeitet und
war einfach eingeschlafen, ihn zu wecken kam mir nicht richtig vor. Meine
Hündin lag zu meinen Füßen, sie schlief nicht, sondern starrte durch den Spalt
der geöffneten Tür in die Küche. Ich folgte ihrem Blick, konnte aber nicht erkennen
was sie in der Küche sah. Diese verdammte Küche, in all den Jahren war mir noch
nie etwas angebrannt, doch in dieser verfluchten Küche schaffte ich es nicht
einmal Nudeln mit Tomatensoße zu kochen. Meine neuste Angewohnheit war es, die
Lieferdienste hoch und runter zu bestellen, da jedes Essen grundsätzlich etwas
zu schwarz wurde. Schläfrig machte ich die Augen zu und versuchte einzuschlafen.
Plötzlich jaulte mein Hund. Ich riss die Augen wieder auf
und stemmte mich etwas hoch, um besser sehen zu können. Nichts zu erkennen.
Ich blickte von ihr zur Tür. Sie jaulte wieder und verkroch
sich etwas unter der Decke, wobei sie meine Füße mit ihrem Schwanz zur Seite
schob. Jetzt war ich wach und folge ihrem ängstlichen Blick in die Küche. Einen
Moment überlegte ich, ob ich meinen Freund wecken sollte, aber ich konnte noch
immer nichts feststellen was ihr Verhalten erklären konnte. Hätte mein Herz
nicht wie wild gehämmert, hätte ich vielleicht sogar nachgesehen. Doch so schob
ich es auf meine Müdigkeit. Ich zuckte mit den Schultern und rollte mich etwas
zur Seite. Einen Moment lang dachte ich, ich würde Panik bekommen. Ich war müde und gestresst,
was sollte denn auch in der Küche sein? Ein Monster? Das Jaulen wurde etwas
leiser und ich beschloss, es einfach zu ignorieren.
Sie schnaubte und legte ihren Kopf an meine Füße.
In den Nachrichten sprachen sie von einem Teenie Star der
sich das Leben genommen hatte, aber das hörte ich kaum noch. Die Müdigkeit war
wieder da und langsam aber sicher glitt ich in den Schlaf. Dann jaulte sie wieder,
aber dieses Mal reagierte ich nicht. Hunde wollen manchmal auch einfach nur
Aufmerksamkeit, dachte ich und rief mir die dutzenden von Büchern in Erinnerung
die ich über Hundeerziehung gelesen hatte. Sie bewegte sich langsam etwas hin
und her und das Jaulen wurde lauter. Ich
schnaufte bereits im Halbschlaf und dann passierte es.
Meine Hündin knurrte und bellte, ich wollte mich gerade
aufrichten als ich spürte wie etwas sie
vom Sofa runterzog.
Ich sprang. „Tina, nein!“ schrie ich ihr hinterher. Sie
wehrte sich nach Leibeskräften. Knurrte, biss in die Luft, aber dort war noch
immer nichts zu sehen, außer Dunkelheit. Ich stand panisch auf meinem Sofa und
musste mit ansehen wie mein geliebtes Haustier von Nichts in die Küche gezerrt wurde. Diese scheiß Küche! Dann fing
ich an zu schreien.
Mein Freund sprang auf und erfasste binnen eines Augenblicks
die Situation. Er bewegte sich so schnell, dass es einige Sekunden brauchte bis
ich wirklich begriff, was er tat.
Er schnappte sich die Fleischgabel, die noch immer vom
Abendessen auf dem Tisch lag und rannte in die Küche. Es war noch immer dunkel und
ich erkannte nicht was passierte, sondern hörte nur, wie mein Hund jaulte und
winselte. Meine Knie zitterten. Ich konnte hören, wie mein Freund fluchte und Etwas abwehrt. Tränen liefen mir über
die Wange und die Panik hatte mich noch immer voll im Griff. In meinem Kopf
herrschte Leere. Ich tat nichts, als auf dem Sofa zu stehen und dem zu lauschen
was da gerade passierte.
„Lauf los!“
Plötzlich hörte Tina auf zu winseln und ich sprang blind vom
Sofa, um in den Flur zu rennen. Aus dem Augenwinkel sah ich meinen Freund, wie
er hinterher hechtete. Die Fleischgabel noch immer in der einen Hand und auf
dem Arm meinen Hund, ein Bein fehlte ihr und sie hatte anscheinend das
Bewusstsein verloren. Ich wollte stehen bleiben, um zu sehen, ob sie noch lebte
aber er schob mich grob weiter ins Treppenhaus. Meine nackten Füße verursachen
seltsame Geräusche in der Dunkelheit. Einmal mehr verfluchte ich es, in einem
Mehrfamilienhaus im 6. Stock zu wohnen. Ich rannte das dunkle Treppenhaus
herunter und sah dabei immer wieder zu Mike.
Er war besudelt von Blut und ich erkannte einige tiefe
Schnitte oder Kratzer auf seiner Haut. Die Panik ergriff mich wieder und ich
fing an zu taumeln. Was zur Hölle war das gewesen?
„Schneller“
Er schob mich aus dem Gebäude. Der Wind pfiff mir durch die
Haare und es war eiskalt. Der Beton schmerzte unter meinen nackten Füßen. Die
Straßenlaternen spendeten ein dämmriges Licht, das sich in allen Autos
spiegelte. Nervös starrte ich zu unserer Wohnung hinauf. Alles war ruhig. Viel
zu ruhig. Mike blieb stehen und legte Tina vorsichtig vor sich auf den Boden.
Sie atmete noch, aber aus dem Stummel, an dem mal ihr Bein gewesen war, lief
noch immer Blut.
Endlich begann mein Verstand wieder zu arbeiten. Ich wusste
was ich zu tun hatte, denn ich war Krankenschwester und hatte die letzten 3
Jahre in der Notfall-Chirurgie gearbeitet, wenn es etwas gab, das ich dort
gelernt hatte, dann wie man gute Druckverbände zu mache hatte.
Ich riss ein großes Stück von meinem T-Shirt ab und fischte
die Taschentuchpackung aus meiner Hosentasche. Dann umwickelte ich den Stumpf
und zog den Verband so fest ich konnte. Es blutete nicht sofort durch also
dachte ich mir, dass es vorerst ausreichte.
Ich sah Mike kurz an. Er sagte nichts, stand nur da und starrte
auf den Hund. Die Kratzer waren überall und an einigen Stellen sah es aus, als
wäre er gebissen worden. Solche Verletzungen hatte ich bisher noch nie gesehen.
Ich schluckte einen gewaltigen Kloß herunter und versuchte, einen klaren Gedanken
zu fassen. Einen Moment standen wir nur da. Niemand war zu sehen, alle Lichter
in den Wohnungen waren aus und nicht einmal ein Fernseher schien zu laufen.
Mein Herz hämmerte noch immer lautstark gegen meine Brust. Gerade wollte ich
etwas sagen, da fing es an.
Von allen Seiten hörte man das Jaulen, Knurren und Bellen
von Hunden.
Mike reagierte dieses Mal nicht so schnell wie ich.
Ich riss Tina an mich und rannte los. Kalte Schauer liefen
über meinen Körper wie Stromwellen. Von allen Seiten konnte man mit anhören,
wie die Hunde um ihr Leben bettelten. Mike lief ein kleines Stück hinter mir
her, dann blieb er stehen. In einigen Wohnungen war jetzt Licht zu sehen.
Unwillig blieb ich ebenfalls stehen. „Komm schon, wir müssen hier weg“
Er antwortete nicht, sondern starrte einen Schatten an, der
sich durch ein Fenster abzeichnete. Neben den Hunden konnte man jetzt auch
panische Schreie von Menschen hören. „Weg hier!“ schrie ich ihn an. Taumelnd
kam er hinterher. Ich wusste nicht einmal wohin ich laufen sollte. Wo konnte es
denn sicher sein, wenn etwas in meiner eigenen Wohnung in der Küche gelauert
hatte?
Ich rannte einfach weiter. Aus dem Bezirk, heraus aus dem
Stadtgebiet, in den angrenzenden Wald, dann wurde es wieder still. Panisch
versteckte ich mich hinter einem Baum. Mike tat es mir gleich. Sein Gesicht hatte
jede Farbe verloren und seine Augen wurden glasig. Ich legte Tina wieder ab und
drückte mein Ohr auf ihre Brust. Das Herz schlug noch immer, mit viel Glück
würde sie es schaffen. „Was war das?“ wisperte ich. Mike sah mich schwerfällig
an. Die Fleischgabel hatte er noch immer bei sich und seltsamerweise beruhigte
mich das sogar etwas. Immerhin hatte er sich damit schon einmal zur Wehr
setzten können.
Der Wald war ebenso still wie alles andere.
„Es war…“
Er brach ab und hielt mir den Mund zu, dann lauschte er
angestrengt. Ich versuchte ebenfalls zu lauschen, aber sein Atem an meinem Ohr
verhinderte, dass ich leise Geräusche wahrnehmen konnte. Dann rannte er wieder
los und zog mich an einer Hand hinter sich her, Tina ließ er liegen. Ich wollte
zurück rennen, doch der Griff um meine Hand war zu stark, als das ich es
gekonnt hätte. Wir liefen tiefer in den Wald hinein und dann hörte ich es…
Die Kinder fingen an zu schreien…
J.W.Gacy
Wow, unheimliche Geschichte. Erst dachte ich, es wäre irgendetwas lustiges, weil es ja hieß: Küchenmonster, aber dann das!
AntwortenLöschenAber ich fand die Geschichte trotzdem gut, denn du hast alles gut beschreiben und man hat richtig mit den drei mitgefiebert und gehofft, dass alles gut geht. Total unheimlich, was für ein Monster das ist...
LG Jana
DIE Geschichte ist der Hammer! Ich hatte selber richtig Herzklopfen! Ich würde so gerne wissen wie es weitergeht, immer diese Geschichten mit dem offenen Ende, das macht alles noch viel schlimmer...
AntwortenLöschenAber Respekt! Trotzdem wirklich gut geschrieben
http://fairytalemiracle.blogspot.de/