„Ich liebe deine Hände“, sagt er streicht mit den Fingern
über die Haut meines Handrückens. Ich muss gegen meinen Willen lächeln, denn
welche Frau freut sich nicht darüber begehrt zu werden?
„Magst du sie wegen der Tattoos oder dem was du dir
vorstellst was sie machen könnten, wenn wir nicht wir wären?“
Er legt den Kopf schief und grinst auf eine Art die mich ebenfalls
zum grinsen bringt. Wir spielen dieses Spielchen schon lange miteinander und
wissen wie weit wir gehen können, ohne uns in Gefahr zu bringen.
„Ich stelle mir das Bild sehr schön vor, wie deine Hände
etwas umschließen und ich den Anker sehen kann …“
Noch während er redet sehe ich eine leichte Schamesröte in
seinem Gesicht, die man einem Mann seines Alters nicht unbedingt zutrauen
würde. Aber ich kenne ihn. Vielleicht besser als er es glaubt. Ich ziehe meine
Hand zurück und lehne mich gegen die Lehne meines Stuhles. Das Wetter ist
eigentlich zu schön um über die ernsten Themen zu reden die uns immer wieder
zusammen führen. „Hör auf zu grübeln, du musst jetzt vor allem an dich denken.“
Ich schüttle den Kopf, obwohl ich ihm nicht widersprechen will.
„Ich hab das Gefühl ich denke nur noch an mich …“
„Genau so ist es ja auch richtig. Es ist nicht deine Aufgabe
das Opferlamm zu spielen. Schon gar nicht für Menschen die dir nicht gut tun …“
„Möglich, aber wenn ich es nicht mache, wer tut es dann?“
Er muss über diese Frage lachen. Es ist selten, dass ich Jemanden
die naive Seite meiner Person zeigen kann, ohne mich vollständig nackt zu
fühlen. In seiner Nähe kann ich das. Vor ihm muss ich nicht die Starke und
Unnahbare miemen. Das musste ich noch nie. Bei ihm kann ich meine
Verletzlichkeit mit vollem Stolz tragen. Egal welche scheinbaren Fehler ich
begehe, verurteilen würde er mich nie. Das weiß ich sehr gut, denn mit ihm geht
es mir eben so.
„Niemand muss es tun. Du kannst dir nicht immer jede
Verantwortung aufladen.“
„Ich weiß, aber sie einfach wegzugeben kommt mir auch nicht
richtig vor“, murmle ich und streiche mir die Haare aus dem Nacken. Ich habe
mich noch immer nicht daran gewöhnt wie kurz sie sind. Wir schweigen und
blicken uns an, bevor wir wieder lächeln müssen. Ungewollt muss ich auf die Uhr blicken. Durch
den ganzen Stress der letzten Monate habe ich vergessen wie es ist nicht
ständig unter Zeitdruck zu stehen. Eine meiner liebsten Punkrock Bands hat
dafür genau den richtigen Song geschrieben. Unterbewusst mache ich mir eine
Notiz in meinem Kopf welchen Song mein Handy gleich für mich abspielen darf und
erhebe mich von meinem Stuhl.
„Ich muss langsam los, bin schon 10 Minuten über der Zeit …“
Er schüttelt den Kopf und steht ebenfalls auf. Obwohl er
etwas kleiner ist als ich, kommt er mir größer vor. Vielleicht liegt das auch
an meiner Schwäche für kleine Männer, denn hinter ihnen verbirgt sich oft mehr
als man vermutet.
„Lass dich nicht unterkriegen, ich freu mich auf das nächste
Mal …“
Wir umarmen uns lange. Ich lege den Kopf auf seine Brust und
lass mich von ihm stumm ihm Arm halten, bis meine Vernunft siegt und ich mich
von meinem Traumland verabschieden muss. Noch immer lächeln wir beide. Er nimmt
meine Hand in seine und streicht mit den Fingerspitzen über den Anker. Ich kann
seine Gedanken lesen, doch ich spreche sie nicht aus. Unwillig rücke ich in den
Hintergrund, verabschiede mich und streife die übergroßen Kopfhörer auf meine
Ohren.
„Und so marschierst du brav im Takt der Diktatur.
Denkst Zeit ist Geld, aber
im Grunde bist du nur
Ein Sklave der Uhr.
Sklave der Uhr.
Ein Sklave der Uhr.
Sklave der Uhr.“
Sondaschule
Oha ^^ Die Männer scheinen dir ja wirklich zu Füßen zu liegen
AntwortenLöschenwas für eine notgeile sau, der typ!
AntwortenLöschenIch kann weder das eine noch das andere bestätigen, danke aber für die Meinungsabgaben!
AntwortenLöschenWie so oft erzählst du Dinge die ich aus meinen privatesten Momenten kenne... Ich habe allerdings kein Ankertatoo, ich trage meinen Anker um mein Fußgelenk. ;-)
AntwortenLöschenDanke meine Liebe :D Deinen Anker würde ich mir auch gerne mal ansehen!
LöschenDa passen so einige Sätze auch zu 100 % in mein Leben. Wahnsinn, wie man sich manchmal in Fremden wieder erkennt!
AntwortenLöschenDas beruhigt mich sehr - damit wissen wir schon mal das wir nicht alleine sind ...
LöschenWow ich liebe wie du schreibst! Ich war ein bisschen traurig als ich am Ende war, denn ich hätte noch ewig weiterlesen können :)
AntwortenLöschenUnd ich muss sagen, ich finde die Tattoos auf deinen Fingern auch richtig schön!
Ich wünsche dir einen wundervollen Tag <3
Liebst, Sarah von Belle Mélange
www.belle-melange.com
Ein wirklich schöner Text, sehr eindrücklich und gefühlvoll! Ich mag diese Art Post sehr gerne bei dir, ich selbst könnte sowas gar nicht schreiben =)
AntwortenLöschenDu schreibst so gut, bin immer voll gefesselt und finde mich selbst in manchen Punkten wieder! :)
AntwortenLöschenLiebst, Vanessa