3
Monate später
Frank
schluckte schwer und straffte sich gleichzeitig. Die Untersuchungshaft war
vorbei und das Urteil bereits gesprochen. Die nächsten 5 Jahre seines Lebens
würde er nun in diesem Gefängnis verbringen müssen. Marie hatte ihr Wort
gehalten und war bisher nicht aufgetaucht. Weder bei der Verhandlung, noch
während er in der Zelle gesessen hatte.
Ein
Wärter stieß ihn unsanft voran in seine neue Zelle. „Viel Spaß, Jackson“,
knurrte er ihm hinterher und gab sich nicht einmal Mühe dabei nicht hämisch zu
wirken.
Ein bulliger zwei Meter Mann
blickte ihn voller Hass an. Als das Gitter hinter ihm geschlossen wurde fragte
sich Frank kurz ob er das überleben konnte. Sicher er war nicht gerade schwach,
aber gegen einen solchen Bullen, konnte er wohl kaum etwas ausrichten. Außerdem
war er sich nicht sicher, ob der Muskelkater den er sich selbst durch ständiges
Training verpasst hatte, ihn vielleicht daran hindern würde hart zu zuschlagen.
Wenn dieser Kerl es erst einmal geschafft hatte ihn zu Boden zu bekommen dürfte
es äußerst schwer werden wieder aufzustehen.
„Du bist also der Neue?“ zischte
er Mann. Seine Haare gingen ihm in der Mitte des Kopfes bereits etwas aus und
die Pranken ähnlichen Hände rieben sich an einander. Frank schlug eine üble
Wolke entgegen und er bemühte sich das Gesicht nicht zu verziehen. Das hätte
sicher keinen guten Eindruck gemacht. „Sieht so aus“ sagte er knapp.
„Ich bin Hage“ knurrte der Mann.
Er zeigte auf die linke Pritsche „Da schläfst du!“ bestimmte er. Frank machte
sich nicht die Mühe zu nickten. Er nahm die paar Sachen die man ihm gegeben
hatte und legte sie auf das provisorische Bett. Das sollte also sein neues
Zuhause sein.
Die nächsten 4 Jahre 8 Monate und 23 Tage.
„Warum sitzt du?“, wollte Hage
wissen. Frank konnte sich nicht vorstellen was dieses Gespräch bringen sollte,
aber er ahnte, dass er sich besser darauf einlassen sollte. Er wollte sich
nicht gleich in den ersten 10 Minuten,
Feinde machen. Dazu hatte er noch genug Zeit. „Drogenhandel“, antwortete
er und bemühte sich halbwegs unbefangen zu wirken. „Und du?“
„Totschlag.“
Typisch, dachte Frank still.
Kerle wie der saßen immer wegen Totschlag. Oder wegen Mord. Es wäre ja auch zu
schön gewesen, wenn er einen friedlichen Artgenossen, als Mitbewohner bekommen
hätte. Betrüger, Drogenhändler, Steuerhinterzieher, aber er hatte einen
Todschläger als Zellengenossen - von Glück konnte man da nicht sprechen. Sein
neuer Freund kaute geräuschvoll auf seinem Kaugummi. Was für eine Sorte das
wohl sein konnte, wenn sie nicht einmal ansatzweiße den Mundgeruch verbergen
konnte? Aber wahrscheinlich übertünchte es schon mehr als Frank annehmen
konnte.
„So ein Kerl hat versucht sich an
mein Mädchen ran zu machen, nicht auf die nette Art wenn du verstehst was ich
meine“, erklärte er, ohne dass Frank ihn dazu aufgefordert hatte. Er schien
unbedingt mit jemanden reden zu wollen. Seine Augen verengten sich und er
betrachtete ihn eine ganze Weile, bevor er wieder etwas sagte. „Du siehst nicht
aus wie einer der wegen Drogen sitzt.“
Frank zuckte mit den Schultern.
„Wie sieht denn jemand aus der was mit Drogen zu tun hat?“
„Auf jeden Fall nicht so wie du“,
knurrten Hage.
Frank lachte leise. „Ich brauchte
schnell etwas Geld“, sagte er trocken. Tausend Mal hatte er sich diese
Geschichte durch den Kopf gehen lassen. Oft, während der letzten Monate hatte
er sie etwas ausgeschmückt, dann hatte er wieder etwas gestrichen. Am Ende war
sie genauso gewesen wie am Anfang, aber er hatte mindestens 5 Tage damit
rumgebracht. „Sehr viel Geld um genau zu sein. Hatte bisschen Pech beim
Pferderennen …“
Hage musterte ihn noch immer
scharf, doch sein Misstrauen schien sich zumindest nicht noch zu verstärken.
„Du siehst nicht aus wie einer der was mit Pferden zu tun hat“, entgegnete er
wieder. Frank zuckte ebenfalls wieder mit den Schultern. Er wusste noch immer
nicht wohin genau das Gespräch ihn führen würde, aber ein Ende war noch immer
nicht abzusehen. Frank beantwortete jede Frage, so gelassen er konnte bis Hage
es leid war ihn zu löchern. Ein Stöhnen entwich dem Riesen und er lehnte sich
an seine Wand.
„Wie sieht es mit Weibern aus?“,
fragte er, gerade so als würde er hoffen, dass Frank wenigstens in dieser
Beziehung etwas mehr zu erzählen hatte, aber da hatte er sich gründlich
getäuscht. „Haste ein Mädchen das auf dich wartet?“
Frank starrte auf seine Füße ohne
zu antworten.
Würde sie auf mich warten? Sicher nicht, sie hat mich ja immerhin
verlassen, man wartet nicht auf jemanden den man verlassen hat, dass wäre gegen
jede Logik. Außerdem ist sie noch so jung, und 5 Jahre eine lange Zeit. Ich
kann von Glück reden, dass sie sich überhaupt mal mit einem wie mir abgegeben
hat …
„Frank? Alter jetzt sag schon!“
Er blickte auf. Mehr als: „Nein.“
brachte er nicht raus. Es machte den Anschein, als würde der Große noch mehr
wissen wollen, aber er wurde durch einen Wärter unterbrochen. Erleichtert
atmete er auf.
Warum ist dieser Kerl nur so scharf darauf, etwas über mich zu
erfahren? Er tut gerade so als gebe es nicht genügend traurige Geschichten hier
…
Frank wurde zusammen mit einigen
anderen und Hage zum Essenssaal gebracht. Sofort hatte er das Gefühl wieder in
der Schule zu sein. Er nahm sich ein Tablett und schaufelte so viel Essen
darauf wie möglich. Dann ging er zum hintersten Teil des Raumes und setzte sich
hin. Die Blicke der Anderen Häftlinge klebten an ihm wie Honig an den Händen.
Obwohl er versuchte es weitgehend zu ignorieren, schlug sein Herz etwas
schneller. Frank wusste, dass er hier ganz unten in der Nahrungskette stand. Es
würde schwer werden zwischen all den Mördern und Totschlägern zu bestehen.
Unruhig ließ er seine Hände knacken.
Wie soll man sich hier Respekt verschaffen, ohne sich eine der Gangs
anzuschließen? Scheiße, das letzte Mal als ich hier gelandet bin war es die
reine Hölle und nun muss ich etwas länger durchhalten, als ein paar Monate.
Frank versuchte diesen Gedanken
wieder abzuschütteln und schaufelte das eklige Essen in sich hinein, nur um
dann so schnell es ging wieder in seine Zelle zu kommen.
Es machte ihn nervös die
ständigen Blicke zu spüren.
Wie tollwütige Hunde die nur darauf warten, dass ich eine falsche
Bewegung mache.
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